Musik vom Fass

Die Aufnahme vermittelt den Eindruck wohltuender Zwanglosigkeit. Ich stieß auf sie in The Book of the Bagpipe von Hugh Cheape, S. 36. Sie zeigt einen robust gekleideten Herrn mittleren Alters auf dem hölzernen Pfahl eines Gatters sitzend, die Stiefel auf einem Fassdeckel platziert. Er spielt auf einer Chabrette, in seinem rechten Mundwinkel hängt eine Tabakpfeife und vor ihm steht eine geöffnete, bereits angebrochene Flasche (vermutlich Rotwein?) mit Trinkgefäß. Die handwerklich-ländliche, zum Mobiliar umfunktionierte Ausstattung und nicht zuletzt die unbefangene Präsenz von Genussmitteln verleihen der Szene eine spezielle Art von Gelassenheit. Die Fotografie entstand, laut Bildunterschrift, im Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts, zum Entstehungskontext ist von »a local festival« die Rede.

Das Bild gewinnt seinen Reiz vor allem aus einer Reihe von Gegensätzen, die hier prägnant zusammenfließen: Präzision und Grobheit – Not und Frohsinn – Rausch und Verstand – Dreck und Kunst. Es sind diese Spannungen, die von einem vollständigeren und damit auch interessanteren Leben erzählen, bei dem es nicht darum geht, Perfektion und Makellosigkeit hinzulügen.

»Du bis immer dann am besten

Wenn’s dir eigentlich egal ist«

singen Die Ärzte in ihrem Lied vom Scheitern. Der Witz dieser Zeilen: Die Bereitschaft zu scheitern ist eine gute Voraussetzung fürs Gelingen. Positive Ausgänge werden damit von krampfhaft verfolgten Zielen zu schönen Nebeneffekten, ohne die sich auch gut leben lässt. Zugegeben, keine leichte Übung. Vielleicht aber eine vielversprechende. Nicht nur mit Blick auf die eigene Musik. Also, auf die Fässer!

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